Anrede,
Ich bin jetzt die zweite Legislatur als direkt gewählter Abgeordneter in diesem Landtag und in den vergangenen 7 Jahren bin ich noch selten so innerlich aufgewühlt hier ans Rednerpult wie heute. So enttäuscht, so fassungslos und auch ein Stück weit wütend macht es mich, wenn ich sehe und höre, wie es einem großen Teil meiner Kolleginnen und Kollegen in der Polizei gerade ergeht. Herr Innenminister Ebling was machen Sie gerade mit unserer Polizei?
„Pistole vom Pizzabäcker gekauft? Wie ein Polizist unter falschen Verdacht geriet“ So titelte die RHEINPFALZ am 01.04. und der Umstand brachte Kollegen Marcus Klein und mich dazu eine kleine Anfrage an die Landesregierung zu adressieren, die und dann in Teilen in vertraulicher Sitzung im Innenausschuss berichtet wurde.
Als diese kleine Anfrage und die öffentliche Antwort darauf Anfang Mai publik wurde war es so, als hätte man einen Bienenkorb einmal kurz geschüttelt und immer mehr frustrierte und wütende verlassen die von außen nicht immer einsehbare Umgebung.
All die Hitze, die sich im Inneren aufgestaut hat, macht sich jetzt schlagartig Luft. Innenminister
räumt ein:
Bei der Polizei ist Feuer unterm Dach
RHEINPFALZ vom 14.Mai
Dem Chef „die Meinung gesagt“: Polizist muss Strafe zahlen
RHEINPFALZ vom 28.Juni
Übertreibt ein interner Ermittler der Pfälzer Polizei regelmäßig bei Untersuchungen?
RHEINPFALZ 01.Juli
Beförderte das Innenministerium eine Beamtin womöglich rechtswidrig?
RHEINPFALZ vom 06.Juli
Hochrangige Polizisten fühlen sich frustriert und überlastet
RHEINPFALZ vom 10. Juli
Beförderungen bei der Polizei sind „exotisch und abenteuerlich“ so die RHEINPFALZ am 18. Juli, weil bei mindestens zwei Beförderungen die Polizei-Abteilung im Innenministerium Regeln und Vorschriften arg gedehnt hat, um Personalkonflikte zu lösen. Die Abläufe erfolgten unsauber, jedenfalls so, wie sie nicht vorgesehen sind.
Und ein paar Tage davor, nämlich am 13.07. da werden auch die beiden Polizeigewerkschaften deutlich und formulieren presseöffentlich, dass die Landesregierung nicht nur mit Polizisten in höheren Funktionen „nach Gutsherrenart“ umgeht, sondern mit allen. Man empfindet ein „Gefühl von Klüngel und Gemauschel“ Herr Innenminister, da muss ich Sie fragen: Ist das Ihre Vorstellung von der Kommission Innere Führung? Sie stellen sich sicher gleich hier hin, mit salbungsvollen beschwichtigenden Worten und werden die Arbeit unserer hervorragend ausgebildeten, hoch motivierten, effizient organisierten und mit modernster Technik ausgestatteten Polizei über den grünen Klee loben.
Herr Minister, mit Verlaub, diese reinen Lippenbekenntnisse nimmt Ihnen und den regierungstragenden Fraktionen niemand mehr ab. Sie belügen sich selbst in ihrem Ministeriums Elfenbeinturm, ihrem geistigen Ort der Abgeschiedenheit und Unberührtheit von der Welt und Ihre Engsten Vertrauten haben offenbar nur noch die Aufgaben die Realität und die Probleme der Organisation weit weg von Ihnen zu halten und mit allen berechtigten und unberechtigten Mitteln dafür zu sorgen, dass die weiße Weste des Ministers frei von irgendwelchen öffentlichkeitswirksam schädlichen Flecken bleibt.
Daneben streuen sie dann noch ein paar schöne Bilder und für Außenstehende nett zu lesende Zeilen unters Volk. Alles schön wolkig und weich in der Wir-haben-uns-alle-so-lieb-kuschel-Einhorn-Welt.
Aber mit der Presseöffentlichkeit dieser Missstände in Ihrer Führungskultur, diesem öffentlich gewordenen massiven Vertrauensverlust innerhalb der Organisation und dem damit einhergehenden noch unabsehbaren Schaden für Teile der Sicherheitsarchitektur in unserem Land hat Ihnen ihr kunterbuntes Wohlfühl-Einhorn jetzt mal die Realität vor die Füße gekotzt.
Vielleicht hat das ja jetzt mal gereicht, um Ihre Blase in der sie sich befinden platzen zu lassen; ich würde es mir jedenfalls wünschen. Gehen Sie mal auf die Flure der Dienststellen und lassen Sie das gesprochene Wort ungefiltert auf sich einprasseln. Sie werden das hören, was nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen wird, weil die Kolleginnen und Kollegen sich vor Konsequenzen für Ihre berufliches Weiterkommen fürchten.
Sie werden von Vermutungen hören, dass das Innenministerium seiner Polizei nicht mehr vertraut, weil man sie dafür verantwortlich macht, dass Minister Lewentz seinen Hut nehmen musste. Sie werden hören, dass das Innenministerium keine kooperative Führungskultur pflegt. Sie werden so viel Frust und so viel Enttäuschung hören.
Sie werden von Arbeitsüberlastung hören, die unsere Polizisten früher sterben lässt, als den Rest der Bevölkerung. Sie werden von undurchsichtigen Stellenbesetzungen hören, von verwehrten Beförderungen, von Günstlingswirtschaft des Innenministeriums.
Sie werden unter den Führungskräften hören, dass diejenigen, die mal ungeschönt die Wahrheit formulieren, sich bestraft fühlen, wenn sie an die Hochschule der Polizei am Hahn versetzt werden. Sie werden davon hören, wie man dem vermeintlichen Zwang nach öffentlich sauberer Berichterstattung geschuldet undurchsichtige und objektiv völlig überzogene Disziplinarverfahren gegen junge Kolleginnen und Kollegen führt.
Sie werden Frust hören. Sie werden hören, dass man keinen Rückhalt mehr erfährt bei unberechtigten Vorwürfen von außen. Sie werden von inneren Kündigungen hören. Sie werden die Realität hören. Und die beschreibt den ungeschönten Blick darauf, wie es derzeit um die innere Kultur unserer Polizei bestellt ist. Und das von bis zur völligen Erschöpfung engagierten Frauen und Männern, die einen an sich wunderschönen Beruf gewählt haben, der in einem hohen Maß von der inneren Einstellung zur Gerechtigkeit und Vertrauen auf das Gute geprägt ist.
Legen Sie diesen Maßstab an sich selbst an Herr Minister. Die Polizisten in unserem Land erwarten nämlich genau das von Ihnen. Und was wir von Ihnen erwarten, erkläre ich Ihnen gerne in der zweiten Runde.
Anrede,
Herr Minister Ebling, ihr Vorgänger hatte die Kommission innere Führung zu ihrem 25-jährigen Bestehen als ein Frühwarnsystem bezeichnet, mit dem ein wirksames Instrument geschaffen worden sei, um potentiellen Abweichungen von den zugrundeliegenden Werten bereits im Vorfeld zu begegnen.
Ich würde mir wünschen, dass Sie die Kommission innere Führung nicht als Überwachungsinstrument für ein mögliches Fehlverhalten begreifen, sondern dass Sie die Kommission als Handlungsempfehlung für die Führung Ihrer Polizistinnen und Polizisten begreifen und dass sie als Leitplanken für den richtigen Umgang miteinander dienen.
Diesem Führen, das von Vorgesetzten über alle Ebenen gelebt werden muss, stehen Sie, Herr Minister als gutes Beispiel vor. Polizisten haben die gleichen Rechten und Pflichten wie jeder Bürger. Sie sind aber den Werten und Normen unserer Verfassung besonders verpflichtet; Sie haben einen Eid darauf geschworen.
Eine Aufgabe von Führung ist es, diese Werte zu vermitteln: Menschenwürde, Gerechtigkeit, Gleichheit, Solidarität und Demokratie. Für diese verinnerlichten Werte setzen unsere Polizistinnen und Polizisten im äußersten Fall ihr Leben aufs Spiel. Aber ein noch weitreichenderer Aspekt von Führung ist das Vertrauen und der Rückhalt in das Handeln derjenigen, die man führt.
Herr Minister Ihnen gelingt es nicht, unseren Polizisten ein modernes Selbstbild zu vermitteln. Ein Selbstbild, das sowohl mit den Aufträgen der Polizei als Instrument der Sicherheitspolitik Schritt halten kann, als auch mit der Gewissheit, dass der Dienstherr Vertrauen hat.
Wir brauchen eine selbstbewusste Polizei die getragen wird vom rechtsstaatlichen Willen unser Land und die Menschen die hier leben zu schützen. Aber Selbstbewusst kann nur derjenige sein, der sich dem Rückhalt seines Vorgesetzten sicher sein kann. Zwischen einem reinen Abspulen von Regeln und der tiefen Überzeugung, warum und wofür man eingesetzt wird, liegt ein bedeutender Unterschied.
Herr Minister, ich bitte sie aufrichtig:
Stellen Sie sich Ihrer großen Verantwortung in der Führung unserer Polizei, denn wenn unsere Polizisten das Vertrauen in den Dienstherrn verlieren, verlieren Sie den Mut zu entschlossenem rechtsstaatlichen Handeln und werden am Ende den Menschen in unserem Land nicht mehr so schützend zur Seite stehen können, wie es notwendig ist.
Herr Minister, es ist Ihre Verantwortung.
Es gilt das gesprochene Wort.