Anrede,
Immer mehr Bundesländer setzen auf die Body-Cam. Vorreiter hierfür war die hessische Polizei, die bereits im Jahr 2013 die ersten dieser Aufzeichnungsgeräte im Rahmen eines Pilotprojekts im Frankfurter Kneipenviertel Alt-Sachsenhausen eingesetzt hat. Nach Abschluss der Pilotphase wurden sie dort ab 2015 landesweit eingeführt.
Inzwischen sind Bodycams in 8 Bundesländern und bei der Bundespolizei Standard, in weiteren werden sie erprobt. Wir haben uns auf Grund der guten Erfahrungen in Hessen bereits früh für die Einführung der Body-Cam in Rheinland-Pfalz ausgesprochen. Dies ist anfänglich auf große Zurückhaltung im Innenministerium und bei den regierungstragenden Fraktionen gestoßen.
Erst der gemeinsame Druck mit den Polizeigewerkschaften hat dazu geführt, dass auch in Rheinland-Pfalz eine Test-phase eingeleitet wurde, die dann zur Anschaffung von Body-Cams für unsere Polizei geführt hat. Leider sind wir allerdings von einer ausreichenden Zahl von Body-Cams noch weit entfernt.
Lassen Sie uns kurz über den Nutzen der Bodycams sprechen. Die Gewalt gegen Polizisten nimmt leider stetig zu. Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) weist für Jahr 2022 insgesamt 1.788 Gewaltdelikte gegen Polizeibeamtinnen und -beamte aus. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies einen Anstieg um 235 Fälle (+15,1 %). Aber trotz dieses Anstiegs, hat uns die Erfahrung gezeigt: Bodycams wirken deeskalierend und abschreckend. In der Praxis zeigt sich bei potentiellen Angreifern eine deutlich höhere Hemmschwelle, wenn Polizeibeamtinnen und -beamte mit Body-Cams ausgerüstet sind.
Zudem trägt die Body-Cam ganz erheblich zur beweiskräftigen Aufklärung von Straftaten bei und sie trägt zur Klärung von Beschwerden über Polizisten bei, die sich dadurch in den meisten Fällen als haltlos beweisen lassen. Body-Cams leisten damit also einen wirkungsvollen Beitrag zum Schutz unserer Polizistinnen und Polizisten vor Angriffen. Und Sie leisten einen Beitrag zur klareren Beweisführung zum Vorteil von Opfern einer Straftat. Oft führt sogar schon die bloße Ankündigung einer Aufzeichnung zur Deeskalation.
Die Body-Cams der neuesten Generation -die auch den Kolleginnen und Kollegen in Rheinland-Pfalz zur Verfügung stehen- verfügen über einige innovative Funktionen, die aktuell aber leider noch nicht genutzt werden können. Der Grund dafür ist schlichtweg eine fehlende Rechtsgrundlage im § 31 Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (POG) – also ich hoffe, dass das der Grund ist und, dass er nicht im Unwillen des Ministeriums liegt.
Wenn ich also von diesen im Moment noch nicht Nutzbaren aber äußerst Nützlichen Funktionen rede, dann meine ich das Prerecording, die automatische Aktivierung bei der Erkennung von Schussgeräuschen, die Übertragung des Live-Bildes in die Polizeidienstelle und die GPS-Standortbestimmung durch die am Körper der Kolleginnen und Kollegen getragene Kamera.
Zudem ist im Gegensatz zu anderen Bundesländern in Rheinland-Pfalz der Einsatz der Body-Cam in Wohnungen nicht gestattet. Das Potential der Body-Cam und der mögliche Nutzen für die Poli-zei kann also noch nicht vollständig ausgeschöpft werden. Mit dem vollständigen Nutzen dieses Potentials können wir aber die Arbeit unserer Beamtinnen und Beamten jeden Tag erleichtern und die Welt für sie und die Menschen, die sie schützen ein Stück weit sicherer machen.
Und aus diesem Grund bringen wir diesen Gesetzentwurf heute ins parlamentarische Verfahren ein. Was wollen wir im Einzelnen an Änderung auf rechtssichere Füße stellen:
Den Einsatz in Wohnräumen erlauben
Bislang ist der Einsatz der Body-Cam nur im öffentlichen Raum aber nicht in Wohnungen gestattet. Die polizeiliche Praxis zeigt allerdings, dass ein großer Teil der relevanten Delikte eben nicht im öffentlich Raum stattfindet. Und es ist an keiner Stelle nachvollziehbar, warum ein Polizist mit offenen Augen eine Wohnung betreten darf, das gesehene in seinem Hirn abspeichert, es ihm aber untersagt wird, dass er diese Datenspeicherung technisch mit der Body-Cam unterstützt.
Die neu eingefügte Vorschrift erweitert den Einsatzbereich der Body-Cam deshalb auf Wohnräume und erfasst damit nach § 20 POG auch Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume. Im Unterschied zum öffentlichen Raum bedarf es als Einsatzschwelle einer „dringenden“ Gefahr für Leib und Leben.
Außer bei Gefahr im Verzug entscheidet über den Einsatz auch nicht die jeweilige Beamtin oder der jeweilige Beamte vor Ort, sondern das kann -je nach Informationslage- schon auf der Anfahrt vom Einsatz leitenden Polizeibeamte entschieden und kommuniziert werden (gemeint wäre hier je nach Lage der Dienstgruppenleiter oder eben der PvD).
Die Verwendung der erlangten Erkenntnisse wollen wir unter einen Richtervorbehalt gestellt. Damit tragen wir dem besonderen Schutzbereich von Wohnungen auch ausreichend Rechnung.
Mit der Erweiterung des Einsatzbereichs von Body-Cams auf Wohnräume ist nicht nur die Zielrichtung der präventiven Wirkung zur Verhinderung von Gewalt gegen Polizeibeamtinnen und –beamte verbunden.
Es soll zugleich eben auch in Fällen von häuslicher Gewalt eine höhere Schutzwirkung für die von Gewalt bedrohten bzw. unmittelbar betroffenen Opfer erzielt werden und im Sinne der Opfer kann ein weiteres gerichtsfestes Beweismittel ins Strafverfahren eingebracht werden.
Wir wollen das Prerecording ermöglichen
Beim Prerecording zeichnet die Kamera in Dauerschleife auf und nimmt eine Zwischenspeicherung vor. Das Gerät nimmt also permanent auf und speichert das Material der letzten 60 Sekunden in einem Flashspeicher zwischen. Sobald die eigentliche Aufnahme gestartet wird, wird die Aufnahme der letzten 60 Sekunden vom Zwischenspeicher in den Hauptspeicher übertragen und steht zum Abruf bereit. Wir wollen dieses Prerecording ermöglichen, um zu gewährleisten, dass gerade in dynamischen Einsatzlagen auch der „Auslöser“ für das polizeiliche Eingreifen dokumentiert ist.
Nutzung der Schussknallerkennung gestatten
Bei Schussknallerkennung löst die Kamera automatisch aus, wenn sie ein Schussgeräusch wahrnimmt. Im Zusammenspiel mit der Prerecording-Funktion kann dies dazu beitragen, das Vorgeschehen einer Schussabgabe und die Schussabgabe selbst zu dokumentieren.
Für Polizeibeamtinnen und -beamte im Einsatz hat dies dann den -sicher auch für Laien erkennbaren Vorteil-, dass sie die Kamera im Falle eines Schusswaffengebrauchs nicht erst händisch aktivieren müssen, ich glaube ich muss niemandem erklären, dass hierfür keine Zeit bleibt.
Live-Übertragung in Dienststelle erlauben
Eine „Live-Übertragung“ der Aufnahme während des Geschehens z.B. in die Dienst- oder Leitstelle kann in schwierigen und besonders gefährlichen Einsatzlagen u.a. die Beurteilung des Vorgehens und die Koordination möglicher Unterstützungsnotwendigkeiten erleichtern.
Denkbar sind verschiedenste Szenarien vielleicht sogar auch im Zusammenspiel mit Notärzten oder Sanitätern, die dann den mit Body-Cams ausgestatteten Polizisten in Rettungs- oder größeren Schadenslagen wichtige Hinweise geben können, da nicht selten Polizisten eben als erstes am Einsatzort eintreffen, oder selbst lebensrettende Maßnahmen ergreifen müssen.
GPS-Standorterkennung nutzen
Die Nutzung der GPS-Standorterkennung der Body-Cam, erleichtert die Ortung der Einsatzkräfte und damit Koordination und Einsatzleitung. Gerade auch bei ortsunkundigen Kräften, oder jenen, die noch nicht allzu lange im Dienstgebiet beschäftigt sind, kann so ein Zeitverzug beim Nachführen von Kräften vermieden werden.
Auch das Bergen von hilflosen Personen aus unübersichtlichen Geländen, kann so im Zusammenspiel mit anderen BOS Kräften effizienter gestaltet werden. Die Ortung soll nur möglich sein, wenn die Kamera tatsächlich aufnimmt. Damit wird dem Datenschutz derjenigen Rechnung getragen, die die Bodycam am Körper tragen. Eine Speicherung der Daten wird ausgeschlossen.
Die Bodycam ist kein Allheilmittel und sie wird auch Taten zum Nachteil von Menschen und der Polizisten, die sie zu schützen versuchen nicht abschließend verhindern können. Dessen sind wir uns bewusst. Aber mit den freigeschalteten Funktionen wird sie die Sicherheit der Kolleginnen und Kollegen und auch den Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger auf einfache Weise um ein Vielfaches erhöhen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Haus,
ich hoffe, ich konnte sie jetzt bereits von der Notwendigkeit der Gesetzesänderung überzeugen.
Sollte dies unwahrscheinlicher Weise nicht der Fall gewesen sein, freue ich mich auf die Diskussionen hier und im Ausschuss und darf gleichzeitig schon ankündigen, dass wir eine Anhörung beantragen werden, um die Notwendigkeit dieser Änderung noch einmal mit Fachexpertise zu beleuchten.
Dankeschön.
Es gilt das gesprochene Wort.